Innate Pharma SA wurde 1999 von 6 Immunologen gegründet. Diese waren an der Erforschung der Regulation der NK-Zellen, der natürlichen Killerzellen, beteiligt. Diese gehören zum angeborenen Immunsystem ("innate" immunity). Mit dem Hintergrund versteht man schon mal den Namen und das Programm von Innate Pharma SA: Entwicklung von Wirksubstanzkandidaten, die die Aktivität von NK-Zellen (aber auch T-Zellen) modulieren.
Monalizumab ist von den Pipeline-Kandidaten am weitesten fortgeschritten und in klinischer Phase II. Dieser Antikörper bindet an NKG2A (auch CD94 genannt), der von Tumor-infiltrierenden NK-Zellen und zytotoxischen T-Zellen (CD8+) exprimiert wird. Bindung von NKG2A an HLA-E führt zu einer Deaktivierung der Immunzellen. Diesen Mechanismus nutzen viele Tumorzellen, bei ihnen ist nämlich HLA-E häufig überexprimiert. Kürzlich wurde eine Zwischenauswertung der Kombination von Monalizumab mit Cetuximab bei 40 rezidivierten und/oder metastasierten und vorbehandelten Kopf-Hals Karzinom Patienten auf dem ESMO-Kongress in München berichtet. Eine objektive Remissionsrate von 27,5% Remissionsrate, 5,0 Monaten medianem progressionsfreien Überleben und 10,3 Monaten medianem Gesamtüberleben liegt vielversprechend über den Daten, die Cetuximab alleine in einer solchen Patientenkohorte erreichen kann: 10-13% Remissionsrate, ca. 5-6 Monate mediane Überlebenszeit. Allerdings sind mittlerweile in dieser Indikation auch die PD-1 Antikörper Nivolumab (Opdivo) und Pembrolizumab (Keytruda) zugelassen. Nivolumab bewirkte eine mediane Überlebenszeit von 7,7 Monaten. AstraZeneca hat bereits eine Kombinationsstudie mit Monalizumab und dem PD-L1 Antikörper Durvalumab (Imfinzi) laufen. Das Engagement von AstraZeneca dürfte wohl eine baldige Phase III Entwicklung erwarten lassen, was eine Milestone-Zahlungen in Höhe von 100 Mio. $ an Innate triggern würde.
Transformierender für Innate dürfte aber die Einlizenzierung von Lumoxiti (Moxetumomab pasudotox) sein. Lumoxiti ist ein Antikörper gegen CD22, der ein bakterielles Toxin nach Bindung an CD22 in die Tumorzelle einschleust, was zum Absterben der Zelle (Apoptose) führt. Lumoxiti ist für relapsierende oder refraktäre Haarzell-Leukämie Patienten ab Drittlinie in den USA zugelassen. Trotzdem Haarzell-Leukämie eine sehr seltene maligne B-Zell Erkrankung ist, traut man der Substanz einen maximalen jährlichen Umsatz von 500 Mio. $ zu. Bis Mitte 2020 wird Innate die Substanz zusammen mit AstraZeneca vertreiben, kann also in der Zeit den Vertrieb aufbauen und vom Know-how von AstraZeneca profitieren.
Der nächste Schritt sollte die Einreichung zur Zulassung in Europa sein, auch hier wird AstraZeneca noch unterstützend tätig sein. Die Zulassungsstudie 1053 war eine ein-armige Phase III mit 80 Patienten. Man wollte eine anhaltende Komplettremission (> 180 Tage) bei mindestens 28% der Patienten finden. Im Ergebnis waren bei 30% der Patienten die Bedingungen für eine anhaltende Komplettremission erfüllt. Nicht-randomisierte Zulassungsstudien in seltenen Indikationen können zur Zulassung ausreichen, aber manchmal erlebt man gerade bei der Europäischen Zulassungsbehörde EMA gewisse Überraschungen.
Neben AstraZeneca hat auch Bristol-Myers Sqibb und Sanofi bereits Pipelinesubstanzen von Innate einlizenziert. Der KIR2DL-Antikörper Lirilumab hat allerdings nach anfänglich sehr vielversprechenden Daten in einer randomisierten Phase II bei der Akuten Myeloischen Leukämie (AML) enttäuscht, wodurch sich der Aktienkurs von Innate halbiert hatte. Bei Bristol-Myers Squibb findet man Lirilumab nur noch in einer Fußnote, allerdings sind noch einige Phase II Studien aktiv und können vielleicht noch für Überraschungen sorgen.
Mit IPH4102 und IPH5401 sind noch Antikörper gegen KIR3DL2 und gegen C5a-Rezeptor in Phase I Entwicklung. 5 weitere Substanzen sind gegen verschiedene andere Immunregulationsmechanismen in präklinischer Entwicklung.
Fazit: Innate Pharma SA ist sehr breit und innovativ im Bereich der Immunonkologie aufgestellt. Man versucht nicht den xten PD-1/PD-L1 Antikörper zu entwickeln, sondern setzt sich durch das Wissen der Gründer der Firma ganz nach vorne auf der Suche des nächsten klinischen Quantensprungs im Bereich der Immunonkologie. Das hat natürlich sein Risiko und man muss mit Fehlschlägen rechnen. Der Ansatz das angeborene Immunsystem zu aktivieren und mit dem erworbenen zu kombinieren ist allerdings plausibel und vielversprechend. Der Einstieg von AstraZeneca zeigt, dass man hier nicht nur mit Visionen zu tun hat. Die zukünftigen Milestonezahlungen und die zu erwartenden Umsätze für Lumoxiti lassen auch nach der Rallye von über 50% im Oktober noch weitere Marktwertsteigerungen erwarten. Trotz der Risiken ist Innate Pharma für mich eine Kaufempfehlung.
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Erstellungs- und Änderungsdaten
- Erstellungsdatum:
- 4. November 2018
- letzte Änderung:
- 5. November 2018
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